„Verleih uns Frieden gnädiglich“, so dichtete Martin Luther. Seinen persönlichen Frieden fand er auch in seinem Zuhause, einem der ersten Pfarrhäuser, das für Jahrhunderte zum Vorbild für das Leben im Pfarrhaus wurde.
Das Pfarrhaus ist ein „Kind“ der Reformation, da Pfarrer nach der Erkenntnis der Reformatoren nicht unverheiratet und zölibar leben mussten, sondern, im Gegenteil, Anteil an der Welt haben sollten, indem sie heirateten und Väter wurden. Obgleich Martin Luther nie das Amt eines Pfarrers bekleidete, wird gemeinhin das evangelische Pfarrhaus mit dem Hause Luther in Verbindung gebracht. Namhaftes Vorbild für die Rolle einer Pfarrfrau war Luthers Ehefrau Katharina von Bora.
Das Dorf Steglitz erhielt seine ersten eigenständigen Pfarrstellen erst 1893. Berufen wurden Arthur Wuthenow, der bis 1905 im Amt war, und Dr. Oskar Bogan, dessen Amtszeit bis 1918 währte. Bis dahin war die Gemeinde von den Pfarrern aus Giesensdorf betreut worden.
Das Pfarrhaus der Matthäus-Gemeinde wurde 1898 fertig gestellt. Entworfen hatte es ein Mitglied des Gemeindekirchenrates, der technische Beamte Schneider. Der Backsteinbau sollte mit seinen architektonischen Formen eine optische Verbindung zur Kirche schaffen.
Das Pfarrhaus in Matthäus war auch immer ein offenes Haus. Im Hochparterre lag bis zum Bau des Gemeindehauses 1930 der Konfirmandensaal. Gemeindegruppen trafen sich bis in die 1970er Jahre im Wohnzimmer der Pfarrer. Bis 2010 bewohnten zwei Pfarrfamilien das Haus in der Rothenburgstraße 32. Im gesamten Kellerbereich befinden sich heute Jugendräume.
Jahrhundertelang war das Pfarrhaus ein Hort der Bildung – eine Tradition, an die die Matthäusgemeinde anknüpft, indem sie ihr ehemaliges Pfarrhaus für eine Bildungseinrichtung für Kinder und Jugendliche zur Verfügung stellt.
Abbildungen 9. Stele:
Pfarrer Arthur Wuthenow (Archiv der Ev. Matthäus-Gemeinde, Fotograf unbekannt)
Pfarrer Dr. Oskar Bogan (Archiv der Ev. Matthäus-Gemeinde, Fotograf unbekannt)
Martin Luther und Katharina von Bora, 1529 (Abbildungsausschnitte eines Diptychons in der Gemäldegalerie des Hessischen Landesmuseums Darmstadt)